Schwesternhaus in der Ukraine
„Ecce tabernaculum Dei cum hominibus“ - unter diesem Leitspruch wurde am Sonntag, dem 28. Mai 2000 das Schwesternhaus des Ordens „Mägde Mariens von der Unbefleckten Empfängnis“ in Krysowice (Ukraine) eingeweiht. In drei VW-Bussen machten sich am 26. Mai 18 Mitglieder der St. Bernward-Pfarrei in Ilsede, ein langjähriger Mitstreiter aus Braunschweig und ein Reporter der Kirchenzeitung, Herr Wala, auf, um mit dieser Einweihung einen wichtigen Abschnitt des deutsch-polnisch-ukrainischen Projektes zu feiern.
Noch heute besteht Kontakt zum Orden der Mägde Mariens, die auch in Polen ein Kloster haben. Dorthin werden ein bis zweimal im Jahr Kleider-, Spielzeug- und Fahrradspenden gebracht, von wo aus die Schwestern die Hilfsgüter dann in die Ukraine transportieren. Wer gut erhaltene Kleidung oder Spielsachen abgeben möchte, kann sich an das Pfarrbüro wenden.
Das Schwesternhaus in Krysowice - kompletter Artikel
Angeregt durch eine Hilfsaktion , bei der gebrauchte Kleidungsstücke und Medikamente nach Strzelczyska/Ukraine gebracht wurden, um die Not der dort lebenden Bevölkerung zu lindern, kam Pater Paul Chodor, Pfarrer der kath Kirchengemeinde Groß Ilsede auf die Idee, ein Haus für die arme Bevölkerung der Pfarrgemeinde von Strzelczyska zu bauen. In Strzelczyska lebt und arbeitet ein Studienkollege von Pater Paul Chodor, Andreas Rams. Zu der Pfarrgemeinde Strzelczyska gehören 6 Dörfer, die vom Pfarrer Andreas Rams betreut werden. In der Gemeinde leben ca. 7.000 Menschen, die verschiedenen Konfessionen angehören. Die Familien dort sind sehr arm. Die Region war geprägt von der staatlichen Kolchose und einer Fernsehfabrik im naheliegenden Mostiskach. Nach Auflösung der Kolchose und Schließung der Fabrik stieg die Arbeitslosigkeit auf ca. 90 % an. Es gibt überhaupt keine Industrie oder andere Möglichkeiten, Arbeit zu finden. Die Menschen leben von dem, was sie sich auf ihren kleinen Feldern, die ihnen von der Regierung jährlich neu zur Verfügung gestellt werden, anbauen können. Diese Felder liegen oft viele Kilometer von ihrem Wohnort entfernt. Wer ein Pferd besitzt, gilt als reich. Bei einem Besuch bei Andreas Rams traf Pater Paul Schwester Dominika, die Provinzialoberin des Ordens „Mägde Mariens von der Unbefleckten Empfängnis“ aus Lesnica/Opolska in Polen. „Könnten Sie sich vorstellen, hier zu arbeiten?“ fragte Pater Paul Schwester Dominika. „Gern würden wir das tun, doch wo sollen wir wohnen und wie sollen wir arbeiten?“ fragte Schwester Dominika. Pater Paul ließ dieses Gespräch nicht mehr los. Er hatte bei seinen Besuchen bei Andreas Rams gesehen, wie groß die Not der dort lebenden Bevökerung ist. Viele Männer greifen zur Flasche, weil sie mit den Problemen, die durch Arbeitslosigkeit und dem Aufbau neuer demokratischer Strukturen entstehen, noch nie konfrontiert worden sind, und sehen somit auch keine Zukunft für ihre Familien. Darunter leidet dann der Rest der Familie , vor allem die Frauen. Er sprach mit vielen Frauen, die von ihren betrunkenen Männern geschlagen wurden. Es gibt in Strzelczyska eine kleine Schule, in der die Kinder unterrichtet werden, aber es besteht keine Möglichkeit, einen Beruf zu erlernen. Die Kinder leiden auch unter den schlechten sozialen Bedingungen. Die Familien bestehen meist aus ca. 7 bis 10 Personen, das sind die Eltern mit ca. 4 – 5 Kindern sowie die Großeltern. Diese alten Leute können kaum medizinisch versorgt werden. Das nächste Krankenhaus liegt viele Kilometer weit weg, und da fast niemand ein Auto besitzt, müssen die Kranken mit dem Pferdewagen transportiert werden. „Da müssen wir helfen“, sagte sich Pater Paul und schilderte die Situation in Strzelczyska im Pfarrgemeinderat in Groß Ilsede und bat um Unterstützung für das Projekt „Schwesternhaus in der Ukraine“. Es wurden Zuschüsse von Renovabis, Freising und dem Bistum Hildesheim, Referat Weltkirche beantragt. Als diese genehmigt waren und Pfarrer Andreas Rams alle behördlichen Genehmigungen eingeholt hatte, konnte am 05. August 1998 in Krysowice, einem Ort ca. 3 km von Strzelczyska, mit dem ersten Spatenstich der Bau des „Philipp-Neri-Hauses“ begonnen werden. Das Haus ist 22 m lang und 12 m breit und 11 m hoch. Im Erdgeschoss soll ein Kindergarten entstehen, dort sind auch die Heizung sowie Waschküche und Abstellräume vorgesehen. Im 1. Stock sind auf der linken Seite für die Schwestern 2 Zimmer, ein Gemeinschaftsraum, ein Esszimmer, Küche und eine Kapelle vorgesehen. Im rechten Teil gibt es eine Nähstube, in der junge Frauen und Mädchen nähen lernen sollen, sowie einen Verbandsraum, ein Krankenzimmer sowie eine Caritasküche, in der alte und kranke Menschen eine warme Mahlzeit erhalten können. Im 2. Stock befinden sich ebenfalls Zimmer für die dort lebenden und arbeitenden Schwestern, sowie Gästezimmer. Im rechten Trakt entstehen Gemeinschaftsräume für Weiterbildung und Einkehrtage. Das Dachgeschoss ist so ausgebaut, dass dort Kinder und Jugendliche übernachten können. Beim Bau des Hauses halfen viele Gemeindemitglieder (Männer, Frauen und Jugendliche) von Andreas Rams. Sie erhielten lediglich eine warme Mahlzeit (Suppe) am Tag. Auch konnten einige Kinder besonders armer Familien einmal nach Polen in Urlaub fahren, die Eltern mussten dafür auf den Bau helfen. Andreas Rams hat alle Stunden, die gearbeitet wurden, in einem Buch festgehalten. Bis zum Herbst 1998 war das Haus schon zur Hälfte fertiggestellt. Im Juli 1999 fuhr Pater Paul mit 5 Gemeindemitgliedern von St. Bernward (Bernhard Förster, Martin Gißmann, Ernst-August Gloger, Alfons Kieler, Johannes Pantke) sowie Johannes Furch aus Braunschweig und Holger Henning aus Berlin nach Krysowice, um im „Philipp-Neri-Haus“ die elektrischen Leitungen zu verlegen. Bis dahin war das Erdgeschoss geputzt, die Fenster eingesetzt und man war gerade dabei, die Wasser- und Abwasserleitungen zu verlegen. Im Oktober fuhren diese Männer nochmal nach Krysowice, um die Elektroarbeiten endgültig abschließen zu können. Jetzt war schon das Dach gedeckt, das gesamte Haus innen geputzt und gefliest, die Heizung installiert, fast alle Zimmertüren eingebaut; sogar 3 Schwestern waren schon provisorisch eingezogen. Jetzt, im Frühjahr 2000, ist das „Philip-Neri-Haus“ auch außen verputzt. Es fehlt noch die Inneneinrichtung. Vielen armen und kranken Menschen konnte aber schon medizinische Hilfe geleistet werden. 3 Schwestern wohnen und arbeiten schon dort, sie heißen: Schwester Marta; sie leitet das Haus Schwester Sarkandra, sie ist Ukrainerin und in der Diözese Lemberg geboren Schwester Emiliana, sie ist gebürtige Polin und ausgebildete Krankenschwester Wenn das Haus am 28. Mai 2000 feierlich eingeweiht ist und die Schwestern endgültig ihre Arbeiten aufnehmen können, wird es der armen Bevölkerung der Gemeinde Strzelczyska Hilfe zur Selbsthilfe geben. Junge Frauen und Mädchen werden in der Nähstube nähen lernen, ihre Kinder werden im Kindergarten betreut; so wird den Kleinsten ein besserer Start ins Leben ermöglicht. In der Caritasküche werden Mädchen kochen lernen und die Kinder im Kindergarten sowie alte und arme Menschen mit einer warmen Mahlzeit versorgen. In der Krankenstation wird medizinische Hilfe geleistet, die der gesamten Bevölkerung zugute kommt. In dem Haus wird allen Hilfsbedürftigen geholfen, unabhängig ihrer Konfession. Hier haben auch hilfsbedürftige (geschlagene) Frauen eine Schutzmöglichkeit Dies alles wäre nicht möglich gewesen, wenn nicht viele Menschen (zusammen ca. 8000 Stunden) unentgeltlich auf dem Bau geholfen haben. 10 bis 35 ukrainische Männer, Frauen und Jugendliche arbeiteten von August 1998 bis November 1999 fast täglich nur für eine warme Mahlzeit (Suppe). Polnische Arbeiter halfen bei den Dacharbeiten, bei der Heizung und Wasserleitung. Deutsche planten und installierten die Elektroleitungen. Diese Arbeitseinsätze haben zur Völkerverständigung zwischen Polen, der Ukraine und Deutschland beigetragen. (A. Förster, Mai 2000)